NORDKURIER – HAFF-ZEITUNG – MITTWOCH, 22. MAI 2019
AIKIDO
Der SV Einheit Ueckermünde wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Träge ist der Verein aber kein bisschen. Anlässlich des runden Geburtstags blickt der Nordkurier hinter die Kulissen der neun Abteilungen. Heute geht es um die Abteilung Aikido.
Ueckermünde. Ai – die Schönheit, Ki – die Kraft, Do – der Weg: Aikido, eine vom Japaner Morihei Ueshiba Anfang des 20. Jahrhunderts gegründete Kampfkunst. Seit 2006 gehen die Aikidoka des SV Einheit Ueckermünde den Weg, auf dem Atmung, Sinne und Intention einander ergänzen, und treffen sich zweimal in der Woche in der Gymnastikhalle der Regionalen Schule Ueckermünde, um gemeinsam Körper und Geist zu trainieren. Dass es nicht den einen Weg gibt, zeigt die Existenz zweier unterschiedlicher Trainingsgruppen, die sich über die Jahre herausgebildet haben.
Klaus Boritzki hat in vielen Ländern gelernt und kam vor zehn Jahren in die Haffstadt. Er folgt mit seiner Gruppe dem Tendoryo-Aikido, in dem es um große, klare Bewegungen, Natürlichkeit und einen harmonischen Bewegungsfluss geht. „Unsere Art zu kämpfen, ist nicht nur Sport, sondern stärkt vor allem das Selbstbewusstsein. Es geht darum, aus Konfrontationen erfolgreich hervorzugehen – nicht nur aus körperlichen, sondern auch verbalen,“ erklärt der Trainer die Wirkung dieser japanischen Kampfkunst, die man bis ins hohe Alter betreiben könne. „Es ist ein bisschen wie Rückenschule.“ Sander Krumnow trainiert seit drei Jahren und nutzt das Training vor allem als Auszeit vom stressigen Alltag. „Dieser Sport hat viel mit Ritual zu tun, hier kann ich abschalten und entspanne mich durch die komplexen Bewegungen. Da ist kein Platz für andere Gedanken,“ beschreibt der Aikidoka seine Erfahrungen. Wichtig war ihm vor allem, dass es keine Beschädigungskämpfe wie in anderen Kampfsportarten und keine Wettkampfkultur gibt. Man kämpfe immer miteinander, was zu einer angenehmen Trainingsatmosphäre führe, so der Ueckermünder Geschäftsmann.
Dieses Miteinander erlebte er gemeinsam mit 40 Kampfkünstlern aus der Haffstadt und dem Raum Berlin, die zum neunten Mal unter der Leitung von Dr. Peter Nawrot in der Sporthalle des Greifen-Gymnasiums bei einem Lehrgang trainierten. Der 73-jährige Berliner Aikido-Lehrer, der den fünften Dan besitzt, beherrscht diese Kampfkunst seit 40 Jahren. Er beeindruckte mit ruhigen, präzisen und kraftvollen Bewegungen, die beweisen, was Aikido ausmacht: „Es ist diese Mischung aus Bewegung, Reaktion, Beweglichkeit und Kraft, die mich fasziniert. Es ist Siegen, ohne zu kämpfen, denn man verbessert sich nicht nur körperlich, sondern auch charakterlich“, bringt es der Lehrer auf den Punkt, der selbst zehn Jahre in Japan gelebt, gearbeitet und vor allem trainiert hat. Für Lehrerin Anna Bischoff war es wieder eine tolle Erfahrung: „Man bekommt den Kopf frei, trainiert mit spannenden Leuten und praktiziert intensive Bewegungen“, so die Ueckermünderin, die normalerweise in der Gruppe von Gerald Stein trainiert, in der es ein wenig körperlicher zugeht als bei den Tendoryo-Aikidoka.
Steins Kampfsportleidenschaft begann 1988 mit Karate, bevor er später zum Aikikai-Aikido wechselte. „Der Weg von Aikido-Sensai Konstantin Rekk, der 2016 in Ueckermünde ein Seminar gab, ist kampforientierter. Die Idee der Selbstverteidigung kommt hier stärker zum Tragen. Es geht um das Treffen von Nervenpunkten“, so der Abteilungsleiter zu den Unterschieden zwischen den Trainingsgruppen. Für René Schenkel liegt die Faszination dieses Sports im ganzheitlichen Ansatz: „Es geht um Atmung, Dehnung, die Wirkung von Bewegung, und man lernt, sich selbst zu verteidigen.“
Egal, für welchen Weg sich Interessierte entscheiden – auf den Matten der Ueckermünder Aikidoka ist noch Platz. „Trotz aller Komplexität haben auch Anfänger eine realistische Chance, diesen Sport recht schnell zu erlernen und, wenn man Fallen gelernt hat, ist es eine sehr gute Möglichkeit verletzungsfrei bis ins hohe Alter zu trainieren,“ so Abteilungsleiter Gerald Stein.